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It’s all about domains… | Mirjam Kühne (RIPE)

Time to read 9 Min

Mirjam Kühne ist Vorsitzende von RIPE. Wir haben sie getroffen, um die Prozesse hinter den Buchstaben, Zahlen und Adressen zu besprechen, die das ausmachen, was wir am meisten lieben: Domains!

Published by

Author

Simone Catania

Date

14.10.2022
Miriam Kühne

Aktuell wird RIPE von Mirjam Kühne geleitet, eine Internet-Expertin mit über 20 Jahren Branchenerfahrung und langjährige Mitstreiterin von RIPE. Nach ihrem Abschluss in Informatik an der Technischen Universität Berlin begann Mirjam ihre Karriere in der Internetbranche und trat Anfang der 90er Jahre RIPE NCC bei – damals noch als eine von nur sechs Mitarbeiter:innen.

Das Internet mit seinen IP-Adressen war sehr neu. Anschließend arbeitete sie in einer Reihe von gemeinnützigen Organisationen mit Bezug zum Internet, darunter die Internet Society. Während ihrer gesamten Karriere zielten ihre Aufgaben darauf ab, die Kommunikation zwischen technischen und nicht-technischen Communitys zu vereinen und sie in technologische und öffentlich-politische Debatten einzubeziehen. Im September 2020 wurde Mirjam Kühne zur RIPE-Vorsitzenden ernannt und setzt damit ihre berufliche Mission für ein stabiles und sicheres Internet fort.

Wir haben uns mit ihr getroffen, um mehr über ihren Weg und ihre Arbeit bei RIPE zu erfahren. Plaudern wir ein wenig mit Mirjam!

Mirjam Kühne
Mirjam Kühne (RIPE)

Alle unsere Maßnahmen und Initiativen zielen darauf ab, die Infrastruktur und Sicherheit des Netzwerks zu unterstützen. In den letzten Jahren hat die Netzwerk-Community intensiv an der RPKI (Resource Public Key Infrastructure) gearbeitet, einem Sicherheits-Framework, das Netzwerkbetreibern hilft, fundiertere und sichere Entscheidungen bzgl. des Routings zu treffen.

1. Sie können auf mehr als 20 Jahre Erfahrung in der RIPE-Community zurückblicken. Was hat Sie dorthin geführt?

Während meines Masterstudiums der Informatik in Berlin zog es mich zum damals noch recht jungen Internet. Ich bekam einen Job bei RIPE NCC in Amsterdam, wo eine meiner ersten Aufgaben darin bestand, den sogenannten Hostcount zu erstellen. Es war eine Möglichkeit, das Wachstum und die Expansion des Internets zu messen, indem die Anzahl der Domains gezählt wurde, die unter jeder länderspezifischen Top-Level-Domain (ccTLD) in Europa registriert waren.

Im Laufe meiner Karriere habe ich auch als Community Builder für mehrere internetbezogene gemeinnützige Organisationen gearbeitet. In dieser Rolle habe ich mit Menschen aus den Bereichen Technik, Sicherheit, Wissenschaft und Verwaltung zusammengearbeitet, um die Bedürfnisse verschiedener lokaler Internet-Gemeinschaften zu verstehen und umzusetzen.

Ich bin seit 2020 Vorsitzende der RIPE-Community. Diese Ernennung ist wahrscheinlich einer meiner bedeutendsten Erfolge in meiner Karriere. Es ist so erfüllend, mit so vielen Experten aus verschiedenen Bereichen der Internet-Community zusammenarbeiten zu können. Außerdem habe ich RIPE Labs eingerichtet, eine kollaborative Plattform für den Austausch und die Diskussion von News und Ideen rund ums Internet.

Als erste TLD, die jemals geschaffen wurde, war .arpa von grundlegender Bedeutung für die Entwicklung des modernen Internets.

2. Wie hat sich RIPE im Laufe der Zeit verändert?

RIPE hat sich seit seiner Gründung im Jahr 1989 stark weiterentwickelt. Bei all den Veränderungen, die im Internet und damit auch in RIPE stattfinden, kann die Community gar nicht anders, als sich ständig zu verändern.

Es nehmen nicht nur mehr Menschen daran teil, sondern auch der Umfang hat sich erweitert. Neben der Abstimmung von IP-Adressen und Routing-Entscheidungen beschäftigt sich die RIPE-Community mittlerweile mit Themen wie Sicherheit, Open-Source-Software, Forschung und Messungen, um nur einige zu nennen.

Auch die Zusammenarbeit mit Regierungen hat sich intensiviert. Die Cooperation Working Group wurde eingerichtet, um der Gemeinschaft der technischen Betreiber und Regierungsinstitutionen einen Ort zu bieten, an dem sie zusammenkommen und sich austauschen können.

3. Haben sich neue Technologien auf die Arbeit von RIPE ausgewirkt?

Ja, und es hängt mit der ständigen Veränderung zusammen, die ich zuvor erwähnt habe. Technologien wie Resource Public Key Infrastructure (RPKI), Cloud-Dienste, aktive Messungen und IoT wirken sich erheblich auf das Netzwerk aus. Aus diesem Grund werden sie von verschiedenen Arbeitsgruppen innerhalb der RIPE-Community intensiv diskutiert.

Schauen wir uns zum Beispiel IoT an: Es handelt sich um eine Technologie, die mehrere Schlüsselaspekte mit Auswirkungen auf alle Beteiligten umfasst, vom Endbenutzer bis zum ISP. Unsere IoT Working Group analysiert alle IoT-bezogenen Themen und schafft einen Dialog mit anderen Organisationen zu Betriebsrelevanz, Sicherheit, Nummernsystem und die Einsetzbarkeit von Standards.

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4. Können Sie den Unterschied zwischen der RIPE-Community und RIPE NCC erklären?

Das ist eine gute Frage. Und ich denke, es ist wichtig, den Unterschied zu erklären, da es sonst zu Verwirrungen kommen kann.

Internet-Pioniere gründeten 1989 die RIPE-Community, um das IP zu fördern und die technischen Aspekte des Netzwerks zu koordinieren. Seitdem steht es allen offen. Das heißt, man muss kein Mitglied sein, um an RIPE und seinen Aktivitäten teilnehmen zu können. RIPE hat derzeit 13 Working Groups, die sich zweimal im Jahr persönlich treffen.

Das RIPE NCC (Network Coordination Centre) wurde 1992 als Sekretariat der RIPE-Community gegründet. Es ist eine Organisation, die auf Mitgliedern basiert und ihnen sowie der breiten Internet-Community Dienstleistungen anbietet. Das RIPE NCC weist IPv4- und IPv6-Adressen für AINA (Internet Assigned Numbers Authority) zu, um die Ressourcen der Internetnummern an Mitglieder in Europa, dem Nahen Osten und Asien zu verteilen.

Ich bin sehr froh, dass ich über die Jahre an beiden Organisationen beteiligt war!

Wer entwickelt die Standards und Protokolle für das Internet? Hinter seiner Gründung und seinem Wachstum stehen akademische und technische Organisationen, die sich der Ausarbeitung von Standards und Protokollen verschrieben haben.

5. Wie trägt RIPE zur Funktionsfähigkeit des DNS-Ecosystems bei?

Das RIPE NCC betreibt den K-Root-Server, einen der 13 Internet-Root-Nameserver, und bietet weitere DNS-Dienste wie beispielsweise Reverse Delegation für alle IP-Adressen unter Aufsicht an.

In der RIPE-Community haben wir die DNS Working Group gegründet. Es ist eine der am längsten bestehenden Arbeitsgruppen in unserer Community. Diese Working Group bietet dem RIPE NCC eine Anleitung zu DNS-bezogenen Aktivitäten, wie z. B. zu den sekundären DNS-Diensten für ccTLD-Betreiber. Ein Service, den das RIPE NCC den anderen regionalen Internet-Registrys (RIRs) und einigen Betreibern von länderspezifischen Top-Level-Domains (ccTLD) zu Beginn ihrer Tätigkeit anbietet.

Die DNS Working Group diskutiert auch andere Themen, die für DNS-Betreiber relevant sind. Kürzlich ging es um die NIS2-Richtlinie, den DNS4EU-Vorschlag und die Auswirkungen, die diese neuen Initiativen auf DNS-Betreiber haben.

Es ist erwähnenswert, dass es vor der DNS Working Group die RIPE TLD Working Group gab, die maßgeblich am Kickstart von CENTR beteiligt war. Der Vereinigung der Registrys für länderspezifische Top-Level-Domains in Europa.

Europäer:innen bleiben ihrer nationalen ccTLD treu! Finden Sie heraus, welche europäischen ccTLDs die meisten Registrierungen verzeichnen.

6. Am 25. November 2019 kündigte das RIPE NCC die letzte Charge von IPv4 an. IPv6 wächst, hat sich aber noch nicht ganz durchgesetzt. Was ist Ihrer Meinung nach der größte Reibungspunkt bei der Einführung und was könnte die Migration beschleunigen?

Das Auslaufen von IPv4 hat zweifellos den Charakter des Netzwerks und die Prioritäten der Betreiber verändert. Das RIPE NCC und die RIPE-Community haben aktiv den Einsatz von IPv6 gefördert, der immer noch andauert. Ich war an der Entwicklung der ersten IPv6-Vergaberichtlinien mit der IETF und anderen RIRs beteiligt. Die Entwicklung von Richtlinien, denen alle Betreiber zustimmen, ist für die RIPE-Community nach wie vor von größter Bedeutung.

Das Teilen von Erfolgsgeschichten und das Identifizieren von Dingen, die noch nicht funktionieren oder verbessert werden müssen, ist eine weitere wichtige Funktion der IPv6 Working Group.

7. Welche Initiativen gibt es bei RIPE, um die Infrastruktur und Sicherheit des Internets zu stärken?

Alle unsere Maßnahmen und Initiativen zielen darauf ab, die Infrastruktur und Sicherheit des Netzwerks zu unterstützen. In den letzten Jahren hat die Netzwerk-Community intensiv an der RPKI (Resource Public Key Infrastructure) gearbeitet, einem Sicherheits-Framework, das Netzwerkbetreibern hilft, fundiertere und sichere Entscheidungen bzgl. des Routings zu treffen. Es überprüft die Zuordnung zwischen bestimmten IP-Adressblöcken oder ASNs und den Inhabern von Ressourcen von Internetnummern.

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Gemeinsam mit dem RIPE NCC fördert die RIPE Routing Working Group aktiv ihr Deployment und unterstützt Initiativen wie MANRS (Mutually Agreed Norms for Routing Security). Diese Initiative zielt darauf ab, das Bewusstsein zu schärfen und die Kultur der kollektiven Verantwortung für die Belastbarkeit und Sicherheit des globalen Routing-Systems des Internets zu fördern.

Um alle relevanten Arten von Missbrauch zu bekämpfen, bemüht sich unsere Anti-Abuse Working Group um Best-Practice-Beispiele und berät ISPs, Regierungen und Strafverfolgungsbehörden in strategischen und operativen Fragen. Sowohl für technische als auch für nicht-technische Aspekte des Missbrauchs. Die Gruppe arbeitet derzeit an Schulungsmaterial für Missbrauchsbeauftragte.

Abschließend möchte ich betonen, dass allein die Tatsache, dass die Netzwerkbetreiber in der RIPE-Community zusammenkommen und eine Plattform für Networking und Diskussion haben, eine großartige Möglichkeit bietet, die Stabilität und Sicherheit des Internets zu gewährleisten.

Ich erinnere mich, wie Netzbetreiber während der Pandemie zusammengearbeitet haben. Es war großartig zu sehen, wie sie sich gegenseitig geholfen haben, das Netzwerk am Laufen zu halten – obwohl die meisten eigentlich Konkurrenten sind.

8. Mit welchen Herausforderungen beschäftigt sich RIPE derzeit?

Die RIPE-Community ist mittlerweile über 30 Jahre alt. Es ist uns wichtig, neue und junge Menschen zu gewinnen, die sich aktiv beteiligen. Um sie einzubinden, haben wir mehrere Initiativen gestartet, die es Neuankömmlingen erleichtern sollen, sich willkommen und einbezogen zu fühlen.

Vor jedem RIPE-Meeting findet eine spezielle Session für Studenten statt und während der Meetings bieten wir eine Kinderbetreuung an. Darüber hinaus bieten wir Fellowship-Möglichkeiten und ein Mentoring-Programm an.

Wir sollten nicht übersehen, dass aktuelle geopolitische Themen eine zunehmende Herausforderung für die Internet-Community darstellen. Um das jüngste Beispiel zu nennen: Russland und die Ukraine sind Teil der RIPE-Region und Betreiber aus beiden Ländern nehmen an RIPE und an Meetings teil. Sie müssen zusammenarbeiten, um das Netzwerk am Laufen zu halten!

Ungeachtet aller Veränderungen und Herausforderungen folgt die RIPE-Community weiterhin ihren Prinzipien der Zusammenarbeit und Gemeinschaft. Dies ist entscheidend für ein stabiles Internet. Und RIPE wird diese kollaborative Plattform weiterhin bereitstellen.

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