Viele Fragen sind offen geblieben: Einen Monat nach dem ICANN-Meeting in Durban ist das new gTLD-Programm an vielen Stellen noch immer eine Baustelle. Erst vor kurzem ist bekannt geworden, dass einige TLDs möglicherweise Probleme im Domain Name System (DNS) verursachen können ? und sich die Einführung der TLDs deswegen möglicherweise erneut um mehrere Monate verzögert.
Dabei waren die Erwartungen an das Branchentreffen in Südafrika hoch, immerhin sind zu Beginn der Konferenz die ersten Betreiber-Verträge für internationalisierte Domainnamen unterzeichnet worden. Von jetzt an sollte es zügig voran gehen. Viele Teilnehmer hatten schon nach der letzten Konferenz in Peking gehofft, dass das new gTLD-Programm mehr Schwung erhält. Nach dem Treffen in Durban und den Erkenntnissen über die möglichen Kollisionen im DNS, sind die Befürchtungen groß, dass sich die Einführung der neuen Top-Level-Domains noch weiter verzögern könnte. Gleichzeitig wächst unter vielen Bewerbern der Unmut über die ICANN.
Schon im Vorfeld des Meetings hatte eine Entscheidung der ICANN für Aufsehen gesorgt: Anfang Juli verabschiedete das Gremium die neuen Richtlinien für Registrare (RAA). Die ICANN verlangt, dass Registrare künftig die Daten ihrer Kunden auf Echtheit überprüfen und langfristig speichern sollen. Die Registrare sind außerdem dafür verantwortlich, dass auch ihre Reseller die Richtlinien umsetzen.
Damit folgt die ICANN einer Empfehlung des Regierungsbeirates (GAC). Neben datenschutzrechtlichen Bedenken wurde in Durban Kritik laut, dass ICANN und GAC mit ihren Forderungen gegen bestehende Vereinbarungen verstoßen würden. Das Applicant's Guidebook, in dem die Voraussetzungen für die Bewerbung um eine new gTLD beschrieben sind, sieht vor, dass nachträglich keine materiellen Veränderungen mehr an den Bewerbungen vorgenommen werden dürfen. Kritiker des RAA sehen aber vor allem in der Validierung der Daten, die zum Teil mit hohen Kosten und Aufwand verbunden ist, eben so eine materielle Änderung ? die zudem nach geltenden Datenschutzgesetzen in einigen Ländern nicht umsetzbar sei.
Für Erstaunen unter den Besuchern in Durban hat auch der Finanzbericht der ICANN gesorgt. Rund 360 Millionen Dollar hat die ICANN bisher mit dem new gTLD-Programm eingenommen. Davon war in Südafrika noch mehr als die Hälfte übrig. Unter den Bewerbern wächst jetzt die Sorge, dass das großzügige finanzielle Polster die ICANN verleiten könnte, weiter das Tempo aus dem new gTLD-Programm zu nehmen.
Gerade unter kleineren Bewerbern, die sich vielleicht auf nur eine TLD stützen, wächst die Sorge vor weiteren Verzögerungen. Mit jedem zusätzlichen Tag steigen die Kosten ? und möglicherweise wird nicht jeder langfristig die Mittel haben, die Ausgaben zu stemmen.