Ein Jahr ist seit dem Start der ersten
neuen Domain-Endungen vergangen. Ein Jahr, in dem wöchentlich neue Endungen gestartet sind, von .bayern bis .xyz. Nach der langen Vorbereitung und den vielen Diskussionen über die Notwendigkeit des new gTLD-Programms war es aber auch das Jahr, in dem sich die neuen Endungen gegenüber ihren Kritikern beweisen mussten. Und an dessen Ende nur ein Fazit stehen kann: Es hat sich gelohnt.
Vier Millionen Domains sind im ersten Jahr unter den neu eingeführten new gTLDs registriert worden. Bei 280 Millionen vergebenen Internetadressen weltweit scheint das zunächst wenig. Die relativen Zahlen aber zeigen: Während etablierte TLDs wie .com, .de und .net im vergangenen Jahr deutlich langsamer gewachsen sind, legten Domains unter new gTLDs im gleichen Zeitraum kräftig zu. Auf dem Domain-Handelsplatz Sedo machten die new gTLDs in der ersten Jahreshälfte 2014
rund ein Viertel des Gesamtvolumens aus.

In einer
weltweiten Studie hat die
Domain Name Association das Alexa-Ranking der Top-1-Millionen-Websites untersucht. Die Zahl der darin vertretenen Seiten mit einer new gTLD ist den Autoren zufolge allein zwischen Juni und Oktober um 33 Prozent gestiegen. Jede 213. registrierte .com-Domain schaffte es in das Top-1-Millionen-Ranking von Alexa. New gTLDs wie .codes, .pics, .ninja oder .buzz erzielen in diesem Vergleich Werte zwischen 300 und 400 – und bewegen sich damit auf Augenhöhe mit ccTLDs wie .de oder .uk.
Keine Konkurrenz, aber eine Ergänzung
Die new gTLDs als Ursache für den Rückgang der Registrierungen etablierter TLDs zu nennen – oder umgekehrt, die rückläufigen der Zahlen etablierter TLDs für das Wachstum der new gTLDs verantwortlich zu machen – wäre aber eine Fehleinschätzung.
Die neuen Domain-Endungen waren von Beginn an als Ergänzung zu den bestehenden TLDs gedacht. Dass sie nach ihrem Start schnell gewachsen sind und aller Voraussicht 2015 in der ersten Renew-Runde ihre Registrierungszahlen bestätigen, legitimiert nur das wichtigste Argument ihrer Einführung: Der aufgeheizte Domain-Namensraum brauchte eine Abkühlung.
Der Vergleich entlarvt auch ein häufiges Missverständnis bei der Betrachtung verschiedener Endungen: Etablierte TLDs waren immer auf breit gestreute Gruppen ausgelegt. Endungen .com oder .net richten sich an die globale Internetgemeinschaft. Und selbst ccTLDs wie .de zielen nur lose auf bestimmte Zielgruppen. Natürlich gibt es auch unter den new gTLDs Endungen, die eine allgemeine Masse ansprechen. Unter den mehr als 700 neuen Endungen bleiben sie aber die Ausnahme. In der Regel belegt eine neue Domain-Endung eine Nische mit einer eng eingegrenzten Zielgruppe: .berlin für Berliner, .ruhr für das Ruhrgebiet oder .ltda für Firmen mit der Unternehmensform Ltda. Selbst TLDs, die sich an große, weltweite Gemeinschaften richten, wie .shop oder .blog, bleiben letztlich – auch in den Möglichkeiten ihrer Registrierungszahlen – innerhalb dieser Gruppen limitiert.
Jeder zweite Internetnutzer kennt die neuen Endungen

Aufgabe der Domain-Industrie ist es, die passende TLD zum richtigen Kunden zu bringen – und die Vorteile der neuen Endungen bekannt zu machen. In einer
weiteren Untersuchung hat sich die Domain Name Association mit der Akzeptanz der Nutzer gegenüber den neuen Endungen befasst. Bei ihren Befragungen in sieben Ländern wollen die Autoren eine große Aufgeschlossenheit gegenüber den neuen Endungen festgestellt haben. Besonders attraktiv seien für die Nutzer geographische TLDs und Endungen, die den Domain-Namen in einen Kontext einordnen und ihm so informativen Mehrwert hinzufügen würden. In schnell wachsenden Internetmärkten wie Indien und China sei die Akzeptanz gegenüber den new gTLDs besonders hoch.
Noch im März 2013 ermittelte der Domain-Vermarkter Sedo unter mittelständischen Unternehmen, dass zwei Drittel noch nie von den neuen TLDs gehört haben, obwohl die Hälfte der Befragten angab, dass die Internet-Adresse ein wichtiger Geschäftsfaktor sei. Laut einer aktuellen Forsa-Umfrage Anfang 2015 kennt inzwischen jeder zweite deutsche Internetnutzer die neuen Endungen. Mit dem Start generischer und endkundenorientierter TLDs wie .blog, .shop oder .WEB in 2015, rechnet die Branche mit steigender Aufmerksamkeit.
Erste hochpreisige Domain-Verkäufe
Insgesamt hat sich der Blick der Industrie auf die new gTLDs im vergangenen Jahr stark verändert. Viele Inhaber großer Domain-Portfolios standen den neuen Endungen vor ihrer Einführung kritisch gegenüber. Auf jüngsten Branchen-Treffen, wie der NamesCon in Las Vegas, hat sich die Stimmung aber deutlich gewandelt. Erste hochpreisige Verkäufe haben im vergangenen Jahr gezeigt, welches Potenzial in den Domains steckt: Zum Start von .webcam wechselte ein
Domain-Paket im sechsstelligen Wert den Besitzer. Die Domain coffee.club erzielte einen Preis von rund 100.000 US-Dollar, wine.club wird derzeit für 140.000 Dollar gehandelt.
Bis Ende des Jahres rechnet die Branche mit mehr als 10 Millionen registrierten Domains unter new gTLDS. Das wäre eine Steigerung von rund 150 Prozent und Anlass für eine weitere positive Bilanz – zum zweiten Mal nach 2014.
Ein Jahr new gTLDs: Experten aus der Branche ziehen Bilanz. Hören Sie das Statement von Marco Hoffmann, Head of Domain Registrar Services bei InterNetX, im Podcast von DomainNameWire (ab Min. 14:21).