Heute vor 25 Jahren sollte der Michelangelo-Virus Festplatten von Millionen PCs löschen. So hatten es zumindest zahlreiche IT-Experten vorhergesagt. In IT-Kreisen führte diese Prophezeiung zu einer apokalyptischen Stimmung; der 06. März 1992 wurde mit banger Anspannung erwartet. Die Auswirkungen waren in unseren Breitengraden jedoch weit weniger schwerwiegend als ausgangs angenommen. Dies war vornehmlich der prophylaktischen Initiative deutscher Universitäten zu verdanken. Diese versendeten im Vorfeld bereits zahlreiche Disketten mit Anti-Viren-Programmen, die viele vor dem Super-Gau bewahrten.
Kunst mit Hang zur Bösartigkeit
Was den Stoned-Virus von anderen Viren unterschied und ihm zugleich seinen „Künstler“-Namen einbrachte, war die Tatsache, dass er nur einmal im Jahr aktiv wurde; zufällig an dem Tag, an dem der italienische Maler Michelangelo di Lodovico Buonarroti Simoni 1475 im malerischen Florenz das Licht der Welt erblickte. Entdeckt wurde die Malware im Februar 1991 in Übersee. Der australische Ingenieur, Programmierer und Dozent Roger Riordan stolperte über den Schädling, da dieser die Computer seiner Studenten am Chisholm Institute of Technology befallen hatte. Riordan schrieb daraufhin das Antiviren-Programm Vet und vertrieb es als Shareware über seine parallel laufende Softwarefirma Cybec. Dem unbekannten Erschaffer des Stoned-Virus war es gelungen, den Schadcode auf taiwanische Kopierwerke für Disketten einzuschleusen. Dies hatte zur Folge, dass sich viele User den Virus direkt über die Treiberdisketten verschiedener Hardware-Hersteller einfingen. Auch Intels Disketten waren befallen, und durch sie viele tausende Festplatten infiziert. Die Nachfrage nach Vet stieg enorm an und die australische Firma wuchs nahezu exponentiell, bis Riordan sie 1999 an Computer Associates veräußerte. Die Erlöse wurden in eine gemeinnützige Foundation überführt und kommen bis heute Studenten zugute.
Michelangelos Folgen
In den Massenmedien wurde der Computervirus Michelangelo ebenfalls thematisiert; als Erster. Wenn auch die Vorstellung davon, wie der Ausbruch eines Computervirus’ aussehe, ein wenig an der Realität vorbeischrammte. Die Tagesschau plante Livebilder aus dem Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) zu übertragen. Man hoffte offensichtlich auf Szenen einer computergesteuerten, unkontrollierten Zerstörung - besser noch: einer Detonation. Das Endzeitszenario stellte sich nicht ein. Aber plötzlich diskutierte die Öffentlichkeit über Datensicherheit; auch im Nachgang. Das Bewusstsein für informationstechnische Gefahren war geschärft. Und das ist gut so.
Quelle:https://www.heise.de/ct/ausgabe/2017-6-25-Jahre-Michelangelo-Virus-ein-Rummel-mit-Folgen-3638531.html